
Alter und Angenommener Schottischer Ritus
Der Geist des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus
Der Alte und Angenommene schottische Ritus (AASR) ist ein initiatischer Orden. Wie auch die Johannismaurerei bedient er sich der Initiation als zentralem Medium der Kommunikation.
Die Initiation ist eine Methode der sogenannten Übergangsrituale. Das sind Rituale, in deren Vollzug der Protagonist des Rituals, bezogen auf die soziale Dimension, den Status und, bezogen auf den geistigen Raum, die Bewusstseinsebene wechselt.
Wenn ein Freimaurer des 3. Grades der Johannismaurerei in den Alten und Angenommenen Schottischen Ritus aufgenommen wird, dann wird er rituell in eine neue Gemeinschaft eingeführt bzw. initiiert. Sein sozialer Status unterliegt damit einem Wechsel. Gleichzeitig eröffnet sich ihm durch diese Initiation auch eine neue geistige Welt, die auf sein Bewusstsein einwirkt und es so verändert.
Während man sich in der Johannismaurerei um die Mitgliedschaft bewerben kann, erfolgt der Eintritt in den AASR gemäss der Logik eines Ordens durch Berufung. Berufen werden können ausschliesslich Freimaurer im Meistergrad einer Johannisloge, die Mitglied einer anerkannten, regulären Grossloge ist.
Die Johannismaurerei arbeitet in drei Graden. Der AASR ist ein Hochgradsystem, das die Grade vier bis dreiunddreissig bearbeitet. Er schliesst also an die Johannismaurerei an. Dabei anerkennt er den Grundsatz, dass diese in ihren drei Graden die ganze Freimaurerei enthält. Wie überall gibt es aber auch hier die Möglichkeit, weiterzudenken. Und genau das tut der AASR.
Die Johannismaurerei ist eine Baukunst. Im Zentrum stehen die Geometrie und das Handwerk, konkret und symbolisch. Das Bauen im Zusammenhang mit dem sogenannten Salomonischen Tempel bleibt auch im AASR ein Thema. Es wird aber mit weiterführenden Themen verknüpft und schliesslich verlassen. Nur ganz am Schluss kehrt es auf überraschende Weise zurück.
Ein Leitmotiv in den Ritualen des AASR ist das verlorene Wort. Die Suche danach erzeugt eine Sehnsuchtsspannung, eine Unruhe und ein beständiges Wandern. In Teilen dramatisierte Erzählungen über derartige Suchende, die von den Einzuweihenden verkörpert werden, prägen die Rituale formal und inhaltlich oft.
Die Suche nach etwas Verlorenem, das, nachdem es gefunden wurde, auch wieder neu verloren gehen kann, ist ein nicht abzuschliessender Prozess. Diese Suche impliziert einen Blick zurück, ist aber nicht nostalgisch. Das Wiedergefundene repräsentiert nämlich wichtige Vorstellungen und Werte, die für die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft unverzichtbar sind. In diesem Prozess der Gestaltung verändert sich auch das Wiedergefundene. Es geht in der Arbeit der Brüder Ritter des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus also nicht um die Wiederherstellung von etwas Vergangenem.
Die Philosophie und die angestrebte Praxis des AASR sind dementsprechend überaus deutlich mit den Imperativen der europäischen Aufklärung nach Überwindung allen Aberglaubens durch den Gebrauch der Vernunft im Interesse der Freiheit und der geistigen und moralischen Entwicklung des Menschen verknüpft.
Die Vernunft ist viel mehr als der rechnende Verstand. Sie ist ein „natürliches Licht“, das dem Menschen eigen ist und Phantasie und Gefühl einschliesst. Aberglauben – und dazu gehören auch alle durch Manipulation gezielt erzeugten Täuschungen – bedroht uns aber alle permanent und muss deshalb immer wieder neu überwunden werden.
Die symbolische Figur dessen, der diese Philosophie und angestrebte Praxis des AASR zu verwirklichen anstrebt, ist der Ritter. Ihm sucht der Bruder Freimaurer im Alten und Angemessenen Schottischen Ritus in seinem Denken, Fühlen und Handeln zu entsprechen.
Ein Beispiel dafür ist der Tempelritter. Der historische Tempelritter wird im Ritual zur Figur einer Legende. Er ist vorbildlich in seinem Kampf für die Freiheit des Denkens und Handelns, solange diese ethisch begründet sind, vorbildlich auch in seinem Streben nach Wissen, das an den Grenzen des schon Bekannten nicht Halt macht, wie der Gnosis und exemplarisch in seinem Ausharren im Vernichtungskampf, den religiöse und weltliche Macht – Kirche und Staat – gegen ihn führen.
Ritterlich in einem noch weiter gefassten symbolischen Sinn können aber auch Figuren aus ganz anderen Zusammenhängen wie dem Alten Testament, dem Neuen Testament und schliesslich aus Religionen und Philosophien beinahe der ganzen Welt denken, fühlen und handeln.
Im AASR öffnen sich so historisch, geographisch und geistig weite Räume: Jüdische, persische, christliche und islamische geistige Strömungen, immer auch unter Berücksichtigung der esoterischen Traditionen, gehören dazu, dann aber natürlich auch die griechische Philosophie und schliesslich sogar indische und chinesische Weisheit.
All dies ist aber nie reine Spekulation oder Mystik, es ist immer verbunden mit dem Auftrag, sich im alltäglichen Leben für Freiheit, Gerechtigkeit, Vernunft und Liebe unter den Menschen ritterlich einzusetzen. Die Spiritualität des AASR ist in diesem Sinne immer auch eine der Tat.
Die geistige Welt des Alten und Angenommenen Ritus ist sehr komplex. Gerade deshalb vermag sie für diejenigen, die sich in sie einführen lassen und sich dann aus eigener Kraft und im Kontakt mit anderen Brüdern Rittern auch wirklich darauf einlassen, in einer immer komplexer, unübersichtlicher und kälter werdenden Welt Orientierung und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu stiften.
Struktur des Ritus
Nach den ersten drei Graden der sogenannten blauen oder symbolischen Logen oder des heiligen Johannes (Lehrling, Geselle, Meister) treffen wir auf
- die Perfektionslogen, Grade 4 bis 14;
- das Kapitel, Grade 15 bis 18;
- den Areopag (Grad 19 bis 30);
- das Konsistorium (31. und 32. Grad) ist in zwei Abteilungen unterteilt, eine französischsprachige und eine deutschsprachige;
- den Grosse Rat (33. Grad) bestehend aus 99 aktiven General-Grossinspektoren, von denen 33 Mitglieder des;
- Obersten Rates (33.. Grad) sind.
Titel und Hierarchie
Die folgenden neun Mitglieder des Beamten-Kollegiums (Collège des Officiers) sind sozusagen die exekutive Gewalt des Ritus. Während einer Zeremonie treten sie in umgekehrter Reihenfolge ein; sie werden jedoch in der folgenden Reihenfolge aufgeführt:
- Sehr Mächtiger Souveräner Grosskommandeur
- Sehr Illustrer Leutnant-Grosskomandeur
- Sehr Illustrer Grosskanzler
- Sehr Illustrer Grossschatzmeister
- Sehr Illustrer Grossredner der französischen Sprache
- Sehr Illustrer Grossredner der deutschen Sprache
- Sehr Illustrer Grossredner der italienischen Sprache
- Sehr Illustrer Grosszeremonienmeister
- Sehr Illustrer Hauptmann der Wache
und schliesslich die illustren Ehren-Mitgliedere:
- Illustren Ehrengrosskommandeure
- Illustre Ehrenmitglieder des Obersten Rates
- Illustre Mitglieder honoraire des Obersten Rates